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Entsetzen/Empörung über Schaeffler-Attacke auf von Grünberg

Die Führungskräfte bei der Continental AG sollen “entsetzt” und “empört” darauf reagiert haben, dass die Schaeffler-Gruppe den Rücktritt des Conti-Aufsichtsratsvorsitzenden Dr. Hubertus von Grünberg gefordert hat. Das meldet die Automobil-Industrie unter Berufung auf Aussagen von Dr.

Thorsten Reese, Vertreter der rund 1.400 leitenden Angestellten bei dem Automobilzulieferer und Mitglied in dessen Aufsichtsrat, gegenüber der Deutschen Presseagentur. “Der ultimativ geforderte Rücktritt von Grünbergs ist sachlich völlig unbegründet und wäre für die Conti schädlich”, wird Reese zitiert.

Zumal von Grünberg alles tue, um “für die Conti das Beste herauszuholen”. Außerdem soll Reese das Vorgehen von Großaktionär Schaeffler scharf kritisiert und als “feindliche Übernahme” bezeichnet haben. Dass bei Continental langsam eine “gewisse Lähmung und Frustration” einsetze, weil keine Perspektive erkennbar sei, sieht er dabei offenbar als eine Folge des derzeitigen Machtkampfes.

Zumindest unter den Conti-Führungskräften herrsche große Verwunderung und Erstaunen darüber, dass die Schaeffler-Führung nicht versuche, die Situation zu ändern und mehr Vertrauen bei der Conti-Belegschaft zu schaffen. “Es fehlt zum Beispiel völlig eine Roadmap, wie sich Schaeffler den gemeinsamen Weg in die Zukunft konkret vorstellt. Wir hören von Schaeffler immer nur: ‚Wir haben nun das Sagen’”, wird Reeses Sicht der momentanen Lage wiedergegeben, Nach seinen Worten gebe es unter den Conti-Führungskräften generell den “professionellen Willen zur Kooperation”.

Aufsichtsratssitzung der Continental am Sonnabend

An diesem Sonnabend tritt der Aufsichtsrat der Continental AG zu einer außerordentlichen Sitzung zusammen. Bei der Zusammenkunft des Kontrollgremiums soll es dem Vernehmen nach um die Rücktrittsforderung des Herzogenauracher Großaktionärs Schaeffler gegen den Vorsitzenden des Conti-Aufsichtsrates Dr. Hubertus von Grünberg gehen.

Plant Schaeffler die Komplettübernahme?

Medienberichten zufolge prüft die Schaeffler-Gruppe offenbar die Komplettübernahme der Continental AG. Im Machtkampf mit dem früher im DAX notierten Automobilzulieferer suche Schaeffler-Geschäftsführer Jürgen Geißinger nach einem Weg zur vollständigen Kontrolle des Autozulieferers, berichtet das Handelsblatt. Aus Finanzkreisen habe die Zeitung erfahren, dass Banken eine Komplettübernahme prüften.

Damit würde Schaeffler allerdings die Investorenvereinbarung brechen, mit der das Familienunternehmen aus Herzogenaurach sich verpflichtet hatte, den Anteil an der Continental AG bis 2012 auf 49,99 Prozent zu begrenzen. Um diese Vereinbarung nicht zu brechen, hatte Schaeffler knapp 40 Prozent der im Rahmen des Übernahmeangebotes angedienten Aktien an die beiden Privatbanken Sal. Oppenheim und Metzler weitergereicht.

Schaeffler verlangt von Grünbergs Rücktritt

Seitens der Schaeffler-Gruppe wird nun expressis verbis der sofortige Rückzug des Conti-Aufsichtsratsvorsitzenden Dr. Hubertus von Grünberg verlangt. Da von Grünberg gemeinsame Lösungen systematisch sabotiere und eigene Interessen verfolge, sei das Vertrauen zerstört, heißt es zur Begründung dafür in einer Stellungnahme des Herzogenauracher Familienunternehmens.

Solange der Aufsichtsrat von Grünberg gewähren lasse und dieser nicht zurücktrete, behalte man sich als Conti-Großaktionär das Recht vor, alle zehn Sitze der Anteilseigner im Aufsichtsrat neu zu besetzen. “Wenn von Grünberg den Aufsichtsrat verlässt und wir vier Aufsichtsratssitze bekommen, sehen wir keine Notwendigkeit für eine außerordentliche Hauptversammlung”, wird Schaeffler-Sprecher Detlef Sieverdingbeck in entsprechenden Medienberichten zitiert. Von Grünbergs Rücktritt müsse allerdings “zeitnah” erfolgen, und danach wolle man dann mit allen Beteiligten konstruktive Lösungen anstreben.

Jetzt fordert angeblich auch Schaeffler den Rücktritt des Conti-Aufsichtsrates

Nachdem zuvor schon Exchange Investors N.V. eine Ablösung des Conti-Aufsichtsrates gefordert hatte (die NEUE REIFENZEITUNG berichtete), stößt die Schaeffler-Gruppe nun angeblich in dasselbe Horn.

Denn Die Welt berichtet davon, der neue Großaktionär des Automobilzulieferers sei gewillt, das Gremium mit eigenen und dem Herzogenauracher Familienunternehmen nahe stehenden Vertretern zu besetzen. Unter Berufung auf Unternehmenskreise bzw. die in solchen Fällen üblichen informierten Kreise heißt es bei dem Blatt, Schaeffler habe deshalb den Rückzug aller zehn Vertreter der Anteilseignerseite aus dem Aufsichtsrat des früheren DAX-Konzerns verlangt und dies den Conti-Vertretern bei persönlichen Treffen auf oberster Unternehmensebene oder telefonisch mitgeteilt.

Eine offizielle Stellungnahme beider Seiten liegt der Zeitung dazu freilich eigenen Worten zufolge nicht vor. Als “Stein des Anstoßes” für die Verschärfung des Machtkampfes zwischen Schaeffler und Conti wird vermutet, dass die Herzogenauracher ihre Interessen durch den Aufsichtrat des hannoverschen Konzerns um seinen Vorsitzenden Dr. Hubertus von Grünberg nicht gewahrt sieht, wobei die – anscheinend ohne vorherige Rücksprache mit dem neuen Großaktionär – von Conti-Finanzvorstand Dr.

Alan Hippe in die Öffentlichkeit getragenen Gedankenspiele in Sachen einer möglichen Kapitalerhöhung für den Automobilzulieferer als Beispiel für einen solcher Reibungspunkte genannt werden. Wie es weiter heißt, sei die Umbesetzung des Conti-Aufsichtrates für Schaeffler offenbar so dringlich, dass man sie so schnell wie möglich über eine außerordentliche Hauptversammlung durchsetzen wolle. Nach der in dem Zeitungsbericht vertretenen Auffassung käme die Besetzung des Aufsichtsrates mit eigenen bzw.

Schaeffler nahestehenden Vertretern einem Bruch der mit Conti geschlossenen Investorenvereinbarung gleich. Denn die sieht vor, dass dieses Gremium mit höchstens vier Vertretern der Schaeffler-Gruppe besetzt sein darf, und seitens der Continental AG sei erst kürzlich wieder entschieden worden, an dieser Regelung festhalten zu wollen. Der zur Überwachung der Einhaltung der Investorenvereinbarung eingesetzte Ex-Kanzler Gerhard Schröder soll bereits ebenso über das Schaeffler-Vorhaben informiert worden sein wie die beiden Gewerkschaften IG BCE und IG Metall, die demnach die Zahl der Schaeffler-Vertreter im Aufsichtsrat ebenfalls auf vier begrenzt sehen wollen.

Ablösung des derzeitigen Conti-Aufsichtsrates gefordert

Da man bei Exchange Investors N.V. der Meinung ist, dass Aufsichtsrat und Vorstand der Continental AG die von Gerhard Schröder zwischen der Schaeffler KG und dem alten Vorstand des Automobilzulieferers vermittelte Investorenvereinbarung in der Praxis nicht so umsetzen, dass “alle Synergien zum Wohle der Belegschaft und der Aktionäre genutzt werden”, will man die Einberufung eines außerordentlichen Aktionärstreffens beantragen.

“Aufgrund persönlicher Eitelkeiten werden die Möglichkeiten, die die neue Eigentümerstruktur der Continental AG bietet, nicht konsequent zeitnah genutzt und so Arbeitsplätze gefährdet sowie Aktionärsvermögen vernichtet. Der Aufsichtsrat sieht diesem Treiben bisher tatenlos zu, weshalb wir seinen Rücktritt fordern”, wird zugleich deutlich gemacht, zu welchem Zweck dieser Plan verfolgt wird. Außerdem will Exchange Investors N.

V. im Rahmen dieser außerordentlichen Hauptversammlung dann einen Sonderprüfungsantrag stellen, der “mögliche Schäden quantifizieren soll, die der derzeitige Vorstand der Continental AG durch eigennützige Machtausübung zum Schaden der Minderheitsaktionäre bewirkt hat”..

Ministerium dementiert angeblich geplante Hilfe für Schaeffler

Nachdem der Spiegel die Meldung verbreitet haben soll, wonach von staatlicher Seite finanzielle Hilfen für die durch die Conti-Übernahme hoch verschuldete Schaeffler-Gruppe geplant seien, hat das Bundeswirtschaftsministerium dies zwischenzeitlich dementiert. Ein Sprecher habe den Bericht des Nachrichtenmagazins als “nicht zutreffend” bezeichnet, heißt es..

Aktie der Continental AG unter Druck

Angesichts des Umstandes, dass die Continental AG eigenen Angaben zufolge möglicherweise bis zu eine Milliarde Euro auf den Wert von gekauften Unternehmen (Goodwill) abschreiben muss, spielt man bei dem Unternehmen offenbar mit dem Gedanken einer Kapitalerhöhung in ebendiesem Umfang (die NEUE REIFENZEITUNG berichtete). Als Folge dessen ist die Aktie des Automobilzulieferers laut Aktiencheck unter Druck geraten und auf ihren den niedrigsten Stand seit fünfeinhalb Jahren gefallen. Der Finanzinformationsdienst gibt in diesem Zusammenhang die Einschätzung des “Frankfurter Tagesdienstes” wieder, wonach sich vor diesem Hintergrund ein Einstieg in die Continental-Aktie nicht aufdränge – zumal Analysten der Citigroup die Wertpapiere des Unternehmens zwar nach wie vor “sell” einstufen, gleichzeitig allerdings jüngt ihr Kursziel für diesen Titel von 27 auf 26 Euro reduziert haben.

Obwohl die Schaeffler-Gruppe, die inzwischen 49,99 Prozent der Conti-Aktien hält, bislang alle Versprechen der gemeinsamen Investorenvereinbarung gehalten habe, sorge die hohe Verschuldung beider Unternehmen für größte Bedenken, heißt es seitens der Finanzexperten zur Begründung dafür. Sie nehmen zudem an, dass Continental 2009 gegen Regelungen der Kreditverträge verstoßen werde. Insofern seien – wenn es nicht zu einer deutlich schneller als angenommenen Erholung der Marktbedingungen komme – “Änderungen beim derzeitigen Status quo wohl unvermeidbar”, wobei ein möglicher neuer Investor oder ein eventueller Verkauf von Conti-Aktien als denkbare Optionen ins Spiel gebracht werden.

Bei all dem sehen die Analysten der Citygroup das Ganze noch deutlich positiver als dies etwa bei Independent Research der Fall ist. Denn laut dem Handelsblatt wurde dort das Kursziel der Conti-Aktie aufgrund befürchteter “deutlicher Verwässerungseffekte” im Zuge einer eventuellen Kapitalerhöhung von 26 auf gleich 19 Euro reduziert..

Aktionärsstruktur bei Conti (Update 2)

Der Autozulieferer Schaeffler hat nach der Übernahme Continentals wie angekündigt ein weiteres großes Aktienpaket weitergereicht. Die Bank Sal. Oppenheim halte 19,9 Prozent der Conti-Aktien, so Reuters unter Berufung auf Conti.

Bekannt ist auch eine Beteiligung des Frankfurter Bankhauses Metzler in Höhe von 19,5 Prozent. Da Schaeffler selber 49,9 Prozent der Anteile direkt hält, summiert sich das Gesamtvolumen der drei Gesellschafter auf 89,3 Prozent..

Continental ist voll unter Schaefflers Kontrolle

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Schaeffler hat den Deal durchgezogen, hält 49,99 Prozent der Continental-Aktien selbst, zwei befreundete deutsche Privatbanken (Oppenheim und Metzler) teilen sich weitere 40 Prozent. Sehr wahrscheinlich sind diese aber nur auf Zeit dort “geparkt.” Damit ist klar, wer im Hause Continental den Ton angibt.

Dennoch ist aus Hannover bisher stets nur der Hinweis auf die Investorenvereinbarung erfolgt, als müsse diese als unumstößlich angesehen werden. Das Management müsste eigentlich seine Belegschaft allmählich mit ein paar anderen Wahrheiten stärker als bisher vertraut machen. Nach der Finanzkrise ist nichts mehr, wie es mal war, Nachverhandlungen allenthalben.

Man denke nur an Commerzbank und Dresdner Bank. Oder an diverse Nachverhandlungen der Deutschen Bank mit der Post. Selbst die neuen Hapag-Lloyd-Eigner, vornehme Hanseaten, wollen weniger als vereinbart bezahlen.

Da werden unterschiedlichste Gründe ins Feld geführt. Nicht so Schaeffler. Schaeffler hat Aktien zum Preis von 75 Euro übernommen, die aktuell gerade mal noch die 20-Euro-Marke streifen.

Dabei steht der stark von wenigen Großkunden abhängige Continental-Konzern inzwischen weit schwächer da, als er sich in der Vergangenheit darzustellen wusste. Während einer Investorenkonferenz in New York soll Finanzvorstand Dr. Hippe heute von einer vielleicht notwendig werdenden Kapitalerhöhung von einer Milliarde Euro gesprochen haben, was den Aktienkurs vollends einbrechen ließ.

Es gehört wenig Fantasie zur Voraussage, dass die Rubber Group mit ihren zehn Milliarden Euro Umsatz abgegeben wird, sofern und sobald sich ein Käufer findet. Daran würde auch “Garant” Schröder nichts ändern können. Und für Ministerpräsident Wulff änderte sich auch wenig.

Continental bleibt ja in Hannover. Dort hat die heute so bezeichnete Rubber Group stets ihr Hauptquartier gehabt. Continental Automotive Systems (CAS) hingegen wird und wurde von Frankfurt (Teves) und Regensburg (VDO) aus geführt.

Eine Abspaltung der Rubber Group wäre auch kein Opfer, sondern könnte die Lösung sein für alle Interessenverfechter, für die “Gummibude” selbst, aber auch für den Geschäftsbereich Conti Automotive Systems, sowieso für Schaeffler. Es wäre sachdienlich wie günstig, nun nicht länger ein Bild zu inszenieren, nach welchem Schaeffler “pleite” ist und von Continental gerettet werden möchte.

Die Investorenvereinbarung ist nur eine sehr bedingte Hilfe, das war jedem mit der Angelegenheit befassten Manager absolut klar.

Schaeffler selbst braucht diese Vereinbarung gar nicht zu brechen. Oppenheim und Metzler haben 40 Prozent der Stimmrechte und könnten “Vorschläge” unterbreiten, die alles andere als deckungsgleich mit der Investorenvereinbarung sind und dennoch im Interesse des Großaktionärs Schaeffler lägen. Sollte Schaeffler dann dagegen Sturm laufen? Fortan kann es nur darum gehen, die bestmöglichen Lösungen zu erarbeiten.

Wie derzeit noch hinter den Kulissen gefochten wird, ist nicht ganz klar. Wenn man sich allerdings anhört, was aus den Gremien offiziell und inoffiziell verlautet, ist man geneigt, eine gewisse Sehnsucht nach verbrannter Erde zu erahnen. Letztlich bleibt aber dennoch eine ganz einfache, ganz plumpe Erkenntnis, daran hat auch die Finanzkrise nichts ändern können: Wer bezahlt, bestimmt die Musik.

Mehr zum Thema Conti/Schaeffler und die rätselhaften Gratwanderungen des Dr. Hubertus von Grünberg rund um die Übernahmeschlacht lesen Sie in dem Beitrag “‚Alternder Despot’ contra ‚Listige Witwe’” in der Januar-Ausgabe der NEUE REIFENZEITUNG, der als kostenloser Download (PDF-Dokument, 192 kByte) ab sofort auch unter www.reifenpresse.