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“Blutbad” in Akron – Mehr als 700 Leute müssen gehen (Update)

Von den 700 letzte Woche entlassenen Belegschaftsmitgliedern stammten 195 aus dem Bereich des Forschungs- und Entwicklungszentrums, das damit auf einen Schlag 14 Prozent seiner Belegschaft verlor. Beobachter wie Finanz-Analysten stellen sich nun die bange Frage, ob Goodyear sich die eigene Zukunft verbaut. Während Goodyear zuletzt bestenfalls 2,5 Prozent vom Umsatz in F&E investierte, waren es bei Michelin etwa 4,5 Prozent.

Mit hoch gezogenen Augenbrauen kann da nur noch zur Kenntnis genommen werden, dass Goodyear großspurig verbreitet hat, technologisch immer “eine Revolution voraus zu bleiben.“ Gefeuerte Mitarbeiter berichten inzwischen, den Abteilungsleitern habe man am Donnerstag erst um 10.00 Uhr mitgeteilt und vorgeschrieben, wer aus ihrem Bereich am Nachmittag zu kündigen sei, so dass weder ihre gegenwärtigen Leistungen noch ihre Verdienste aus der Vergangenheit anständig gewürdigt worden sein könnten.

Diese Art und Weise des Vorgehens habe sie mindestens genauso tief getroffen wie die Kündigung selbst. CEO Keegan wird in einem Brief an die Belegschaft so zitiert: „Unsere Markterholung beginnt jetzt. Wir wollen das Lächeln aus dem Gesicht unserer Wettbewerber fegen und wir hängen davon ab, dass jeder Goodyear-Mitarbeiter nicht mehr arbeitet, sondern sich der wichtigen Arbeit zuwendet.

„Blutbad” in Akron – Mehr als 700 Leute müssen gehen.

Personalanpassungen waren zwar angekündigt, aber diese Nachricht schlug dann doch wie eine Bombe ein: Reifenhersteller Goodyear schickt mehr als 700 Angestellte heim, davon allein 350 am Stammsitz in Akron/Ohio. In Presseaussendungen ist von einem „restructuring“ die Rede sowie davon, man habe so „die Bemühungen verstärkt, das Unternehmen noch weiter voranzubringen.“ Mit dieser Maßnahme bleibe Goodyear wettbewerbsfähig, heißt es und CEO-Keegan verlangt gar von den verbleibenden Associates so etwas wie eine „Winners Attitude.

“ Das mag in Amerika auch ankommen, in den Ohren der betroffenen Belegschaftsmitglieder, gegen die persönlich nichts vorliegt, muss das aber beinahe schon zynisch klingen. In Akron spielten sich derweil am gestrigen Donnerstag ergreifende Szenen ab, denn erstens hatte kein Mensch mit dieser gravierenden Zahl gerechnet und zum anderen scheint man einfach mit einer Harke durchgezogen zu sein und es erwischte Mitarbeiter, die nicht einmal im Traum mit ihrer Entlassung gerechnet hatten. Die gesamte Vorgehensweise verrät eine bestimmte Handschrift und lässt die Vermutung zu, dass das oberste und obere Management die Entscheidungen mehr oder weniger allein getroffen hat und das vermutlich nicht weiter involvierte mittlere Management nun darum bangt, dass die Funktionalität verloren gehen wird.

Schließlich sei die Arbeit ja weder weg oder auch nur weniger geworden, sondern sie müsse von den verbliebenen Leuten gemacht werden. Vor dem Hauptquartier waren gestern Fernsehübertragungswagen vorgefahren, die das Elend der betroffenen Menschen filmten und entlassene Mitarbeiter interviewten. Gefeuerte Angestellte berichteten, das Goodyear-Management sei mit Umsicht vorgegangen.

So habe man den medizinischen Dienst verstärkt, um ggf. schnelle Hilfe leisten zu können bei Schwächeanfällen bis zum drohenden Herzinfarkt und besonders gedemütigt empfanden sich nicht wenige Entlassene, die unter Aufsicht der „Goodyear-Polizei“ ihren Schreibtisch räumen mussten. Und das in einigen Fällen nach Jahrzehnten im Dienst des Herstellers.

Goodyear-Chef Keegan will nächsten Monat neue Strategie vorstellen

Robert Keegan, CEO seit 1. Januar 2003, steht unter extremem Druck und hat Interviews mit amerikanischen Zeitungen zunächst abgelehnt, weil er im weiteren Verlauf des Monats Februar seine neue Strategie vorstellen und mit den Analysten von Wall Street diskutieren will. Ob Goodyear im letzten Jahr ein wenigstens ausgeglichenes Ergebnis nach dem Verlust von 203 Millionen US-$ im Jahr 2001 erwirtschaften konnte, ist noch unklar.

Sollte sich der Aktienmarkt im Allgemeinen aber nicht zügig erholen, kommt der Reifenkonzern wegen seines derzeit durch die niedrigen Aktienkurse hervorgerufenen mit jetzt schon zwei Milliarden US-$ untergedeckten Pensions Fonds in größte Turbulenzen, denn damit ächzt der Konzern unter einem Schuldenberg von mehr als fünf Milliarden US-$. Es kann erwartet werden, dass der in Nordamerika weiter Marktanteile verlierende Reifenhersteller zumindest eine Fabrik schließen wird. Außerdem stehen Verhandlungen mit den Gewerkschaften wegen höherer Löhne im April bevor.

Gibara vergibt seine letzte Chance als CEO

Gleich acht Mal wurde der Redaktion in weniger als einer Woche von Goodyear-Angestellten ein Link übermittelt, der Zugang zu einem elektronischen Brief von Sam Gibara an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ermöglicht. Gibara erwähnt, ab 1. Januar 2003 die Verantwortung an Bob Keegan abzugeben und im übrigen als Chairman weiter für Goodyear aktiv zu bleiben.

Gibara beschreibt das Jahr 2002 als „markiert mit Gewinnen“ und redet von „ergriffenen Chancen.” Schließlich behauptet er, „die Grundlagen für zukünftige Erfolge gelegt“ zu haben und nichts sei ohne die tolle Belegschaft des Konzerns möglich gewesen. Mit einiger offen geäußerter Bitterkeit weisen viele der so vorzüglich beschriebenen Mitarbeiter darauf hin, dass Gibara es endgültig versäumt habe, ihnen endlich mal etwas mehr Klarheit zu geben und auch, und sei es nur ein einziges Mal, selbstkritisch zurückzublicken und seine eigene Rolle und Verantwortung für die Schieflage des Goodyear-Konzerns wenigstens ansatzweise zu reflektieren.

Mit der Verniedlichung der Probleme habe Gibara bisher schon nichts gewonnen, sondern die Belegschaft so massiv verärgert, dass seine Botschaften gar nicht mehr gelesen würden. Diese Belegschaft will ja kämpfen, aber sie braucht Führung. Kampf? Aber wofür? Wenn der Konzern doch nach wie vor die tollsten Marken, die tollste Distribution und die tollsten Leute hat, warum verdienen dann nur die Konkurrenten Geld?.

Marco Molinari verlässt Goodyear

Marco Molinari (43), seit 16 Jahren im Dienst des Goodyear-Konzerns, verlässt das Unternehmen, um -wie es heißt- eigenen Interessen nachzugehen. Molinari hatte in schneller Folge mehrere wichtige Positionen in Europa innegehabt, um dann als Vice President für das amerikanische Reifenersatzgeschäft die bis dahin größte Herausforderung zu übernehmen. Nach einem internen von CEO Gibara gewonnenen Machtkampf mit President Sharp, musste auch Molinari vor zwei Jahren die Führung des Goodyear-Heimatmarktes abgeben.

Molinari war zuletzt „Länderchef“ bzw. Group Managing Director Großbritannien. Diese Position entfällt nun.

Mit Wirkung ab 1. Dezember ist Andreas Niegsch zum General Manager Goodyear Dunlop UK ernannt worden. Niegsch kam 1998 zur Dunlop nach Hanau und war zuletzt Direktor Sales &Marketing für Goodyears Region Osteuropa, Mittlerer Osten und Afrika.

Goodyear: Rich löst Polhemus ab

Goodyear hat Jonathan D. Rich (47) zum Präsidenten für die Geschäftseinheit Reifen Nordamerika ernannt. Rich übernimmt diese Position zum 1.

Dezember, wenn John C. Polhemus (58) nach mehr als 33 Jahren im Dienste des Unternehmens in den Ruhestand tritt..

Goodyear legt Quartalsergebnis vor

The Goodyear Tire & Rubber Company hat das Geschäftsergebnis des dritten Quartals vorgelegt. Beim Net Income konnte der Konzern das Ergebnis des entsprechenden Vorjahresquartals (9,3 Mio. US-$) auf 33,7 Mio.

Dollar mehr als verdreifachen. Der Umsatz weltweit ging allerdings von 3,678 Mrd. Dollar auf 3,530 Mrd.

zurück. In den ersten neun Monaten verblieb Goodyear mit einem Minus von 600.000 Dollar knapp in der Verlustzone (nach einem Verlust von 29,6 Mio.

in den ersten drei Quartalen 2001), der Umsatz war mit 10,320 in 2002 ebenfalls rückläufig (2001: 10,675), der Absatz in Stückzahlen ging um 2,5 Prozent auf 160,7 Mio. Einheiten zurück. Dem noch bis Ende des Jahres amtierenden Goodyear-CEO und -Chairman Samir G.

Gibara bereiten die wirtschaftlichen Bedingungen in Kernmärkten und steigende Rohstoffkosten Sorgen. Goodyear wolle sich darauf konzentrieren, das “Working Capital” im vierten Quartal zurückzufahren. Während sich in anderen Märkten Goodyears Anstrengungen, die Ergebnisse zu verbessern, bereits auszahlen, macht der für das Unternehmen so wichtige Heimatmarkt weiterhin Sorgen.

Goodyear im tiefen Tal – Hoffnung auf Keegan

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Seit 1. Oktober ist es offiziell: Der vor zwei Jahren von Kodak als President und Chief Operating Officer zur Goodyear gewechselte Robert ("Bob") J. Keegan (55) löst Samir ("Sam") Gibara (63) zum 1.

Januar 2003, damit ein knappes Jahr früher als gedacht, als Chief Executive Officer ab. Gibara bleibt Chairman, vergleichbar dem Aufsichtsratsvorsitzenden einer europäischen Aktiengesellschaft, und führt ein Executive Committee, das Keegan beraten und zur Seite stehen soll. Offiziellen Statements lässt sich entnehmen, dass dieses Committee nicht lediglich Aufsicht führen soll und will, sondern verstärkt mit Ratschlägen in die Konzernführung aktiv einzugreifen gedenkt.

Wenn das so geschieht, ist dieses Committee nicht etwa nur vergleichbar mit dem in europäischen Aktiengesellschaften anzutreffenden Präsidium des Aufsichtsrates, das im Grunde alle Entscheidungen bereits vorbereitet hat, bevor der Aufsichtsrat in seiner Gesamtheit lediglich noch formell die Zustimmung erteilt, sondern wäre als zweites Lenkungsinstrument zu verstehen, das nötigenfalls aktiv in die Geschicke des Konzerns eingreifen und die nahezu unbegrenzte Macht begrenzen kann, die CEOs amerikanischer Kapitalgesellschaften haben. Der Wechsel an der Spitze wurde bereits jetzt für erforderlich gehalten, weil sich das Unternehmen in einer außerordentlich schwierigen Phase befindet und das Vertrauen von Wall Street einstweilen nicht mehr besitzt, weil – so jedenfalls die Meinung von Analysten – Gibara in den letzten Jahren zu viel versprochen und zu wenig gehalten habe. Andererseits dürfte der jetzt angekündigte Wechsel aber auch im Interesse Gibaras gelegen haben, denn vom ersten Tag des kommenden Jahres an wäre er, da sein Rücktritt zum Oktober 2003 ohnehin erwartet worden war, nur noch ein CEO auf Abruf gewesen und möglicherweise zu einer "lame duck" geworden.

Das Timing liegt ebenso im Interesse von Robert Keegan, weil nun Klarheit herrscht in der gesamten Führungsriege, die bisher immer noch vorsichtig abgewartet hatte, wie die Entscheidung letztlich lauten würde. Taktische Spielereien und vorsichtiges Abwarten auf allen Ebenen des Goodyear-Managements machen keinen Sinn mehr. Im Folgenden sollen ein paar Wege des Noch-CEO Samir Gibara nachgezeichnet und es soll festgestellt werden, wo der Konzern heute steht, ob sich die Strategie ausgezahlt hat, ob wirklich Shareholder Value geschaffen wurde und was es dem Unternehmen genutzt hätte, was an die Stelle einer nicht erfolgreich umgesetzten Wachstumsstrategie tritt, welche Aufgaben auf Keegan warten und welche Probleme er lösen muss und wie gut der Konzern strategisch ausgerichtet ist.

Doch dem Konzern bleibt jetzt gar keine Zeit für eine langfristige Vorausschau, denn kurzfristig zu lösende Probleme beanspruchen alle Aufmerksamkeit. Goodyear hat im kommenden Jahr einige hundert Millionen US-Dollar für zurückliegende Käufe zu zahlen und das Problem mit der Unterdeckung des Pension Fund in Höhe von etwa einer Milliarde US-Dollar brennt von Monat zu Monat heißer auf den Nägeln. Auf dem Heimatmarkt USA ist Goodyear in einer deutlichen Schieflage, die den ganzen Konzern noch in allerheftigste Schwierigkeiten reißen kann, denn ein weiterer Verlust von Marktanteilen ist etwas, was dieser Konzern in seiner momentanen Verfassung gar nicht gebrauchen kann.

Bridgestone in USA schon wieder auf dem Vormarsch

Der Firestone-Reifenrückruf aus dem Jahre 2000 und die daraus folgenden Konsequenzen seien so gut wie abgeschlossen und die Verkäufe liefen gut, teilte der CEO der Bridgestone/Firestone Americas Holding Inc., John Lampe, in einem Fernseh-Interview gestern mit. Die Rückgänge der Marke Firestone seien stabilisiert worden, während die Marke Bridgestone mit einem Zuwachs von 30 Prozent einen gewaltigen Sprung nach vorn geschafft habe.

Dass John Lampe, der insbesondere seit den Auseinandersetzungen der Bridgestone mit dem Großkunden Ford als charismatischer Führer von der Belegschaft geradezu verehrt wird, ausgerechnet jetzt mit Erfolgsmeldungen in die Öffentlichkeit kommt, drückt noch einmal zusätzlich auf die Moral der Goodyear-Belegschaft. Denn erst in der letzten Woche hatte das Goodyear-Management Marktanteilsverluste und Ertragsrückgänge für die ersten neun Monate des Jahres 2002 in Nordamerika eingestehen müssen und bereits neue und drastische Kostensenkungsmaßnahmen angekündigt. Man rechnet mit Werksschließungen und man wird auch von der Belegschaft weitere Opfer verlangen.

Beten für Keegan

Diane Evans, Korrespondentin der Ohio-Zeitung ABJ, die sich in den letzten Monaten als harte Gegnerin von „Sam“ Gibara zu profilieren wusste und sich besonders erbost über einen Bonus in Höhe von einer Million US-Dollar für Gibara zeigte, obwohl nach ihren Worten doch niemals damit gerechnet worden sei, dass Anleihen der einst so stolzen Goodyear als „Junk Bonds“ gehandelt würden und zudem der Konzern auch noch tief in die Verlustzone gerauscht sei, mag aufatmen. Sie regt in einem neuen Beitrag jetzt an, man möge beten, dass Keegan die zum Turnaround nötige Kraft und Weisheit erhalte. Vordergründig versöhnliche Worte findet Diane Evans jetzt auch für Erz-Feind Gibara.

Jedenfalls habe er sich stets bemüht! Wer so gelobt wird, braucht keine Tadel mehr. Analysten äußerten sich dahingehend, Gibara habe zu oft große Versprechungen gemacht und sie nicht eingelöst. Einig sind sich nahezu alle Analysten dahingehend, jetzt erst einmal abzuwarten, was geschehen werde.